Der Forschungsschwerpunkt Medizintechnik an der Hochschule Landshut will mithilfe von künstlichen Patientendaten KI-Anwendungen für die Bildanalyse sicherer machen. Foto: Colourbox

Stresstest für Künstliche Intelligenz

20.06.2022|Forschungsnews

Der Forschungsschwerpunkt Medizintechnik an der Hochschule Landshut will mithilfe von künstlichen Patientendaten herausfinden, wie sich neuronale Netze in Situationen verhalten, auf die sie nicht trainiert sind. Dies soll helfen, KI-Anwendungen für die Bildanalyse sicherer zu machen.

Eine Künstliche Intelligenz erkennt Krankheitsmuster bei Röntgen- oder MRT-Aufnahmen, hilft bei Diagnosen und empfiehlt Therapien. In der Medizin erleichtert sie damit den Alltag vieler Ärzte und Ärztinnen. KI-basierte Lösungen benötigen jedoch Tausende konkreter Beispiele, um lernen zu können. Gleichzeitig müssen sie überprüft (validiert) sein, um als Medizinprodukt von den Behörden zugelassen zu werden. Die bisher verfügbaren Datenbestände sind allerdings häufig nicht groß genug und nicht repräsentativ für die Allgemeinheit. Noch dazu handelt es sich dabei um hochsensible Patientendaten, die den strengen Regularien der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unterliegen und nicht uneingeschränkt verwendet werden können.

Entwicklung von künstlichen Patientendaten

Im Projekt „NeuroTest“ der Hochschule Landshut setzt man daher auf künstliche Daten, Daten also, die von einem Computerprogramm generiert wurden und nicht von echten Menschen stammen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Stefanie Remmele, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medizintechnik, entwickelt ein Projektteam in Zusammenarbeit mit dem Münchner Medizintechnik-Unternehmen deepc solche künstlichen Patientendaten. Sie sollen helfen, KI-Modelle der medizinischen Bildgebung systematisch zu validieren. Das Projekt wird im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund 400.000 Euro gefördert.

Prof. Dr. Stefanie Remmele, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medizintechnik an der Hochschule Landshut
Foto: Hochschule Landshut
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Christiane Posselt vor zweidimensionalen MRT-Bildern.
Foto: Hochschule Landshut

Wie verhalten sich neuronale Netze? 

„Die Methoden des maschinellen Lernens feiern derzeit immer neue Erfolge bei der Analyse und Klassifizierung von medizinischen Bildern“, erklärte Remmele. „Was die Genauigkeit angeht, sind die Entscheidungen von Algorithmen oft schon vergleichbar mit den Entscheidungen von uns Menschen.“ Unklar sei allerdings noch, wie sich neuronale Netze – die auf eine bestimmte Datensituation trainiert sind – in einer abweichenden Situation verhalten. „Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich die Aufnahme-Hardware oder die Bildgebungsparameter von Radiologie zu Radiologie unterscheiden“, so Remmele. Hinzu komme, dass bei MRT-Daten der Kontrast und die Bildqualität stark schwanken können und die verfügbaren Trainingsbilder nie die gesamte Bandbreite an möglichen Schwankungen abdecken.

Die künstlichen MRT-Bilder simulieren die maximal möglichen Schwankungen von realen Scans.
Bild: Hochschule Landshut

Voraussetzungen für aussagekräftige Ergebnisse

Das Team will daher herausfinden, unter welchen Voraussetzungen KI-Modelle in der Bildgebung ein konstantes und aussagekräftiges Ergebnis liefern. „Hier haben wir bereits den ersten wichtigen Meilenstein erreicht“, freut sich Remmele. „Wir haben künstliche MRT-Datensätze des Schädels in 2D entwickelt, die die maximal möglichen Schwankungen simulieren, die bei realen MRT-Aufnahme auftreten können. Mit diesen Simulationen testen wir jetzt ein neuronales Netz“, erklärt die Landshuter Professorin. So könne festgestellt werden, bei welchen veränderten Parametern (im Vergleich zum Training) dieses neuronale Netz besonders sensibel reagiert. Im nächsten Arbeitsschritt will das Team die Bilddatensimulation auf 3D-Schichtbilder sowie auf die Simulation und Synthese von Gewebetexturen erweitern. „Darüber hinaus verfeinern wir die Testmethoden, um zum Beispiel Empfehlungen zu optimalen Bildgebungsprotokollen zu machen, die eine gewünschte Performanz des Algorithmus sicherstellen“, beschreibt Remmele das Vorgehen.

Der Text erschien im Wissens- und Transfermagazin TRIOLOG, Ausgabe 7.

Über die Hochschule Landshut:
Die Hochschule Landshut steht für exzellente Lehre, Weiterbildung und angewandte Forschung. Die sechs Fakultäten Betriebswirtschaft, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik, Interdisziplinäre Studien, Maschinenbau und Soziale Arbeit bieten über 50 Studiengänge an. Das Angebot ist klar auf aktuelle und künftige Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet. Die rund 4.600 Studierenden profitieren vom Praxisbezug der Lehre, der individuellen Betreuung und der modernen technischen Ausstattung. Für Forschungseinrichtungen und Unternehmen bietet die Hochschule eine breite Palette an Projektthemen, die von wissenschaftlichen Fachkräften mit bestem Know-how betreut und umgesetzt werden. Rund 120 Professorinnen und Professoren nehmen Aufgaben in Lehre und Forschung wahr.


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