„Ingenieurspsychologie“ mag für den Laien verwunderlich klingen. Die Disziplin kombiniert zwei Wissenschaften, die doch recht unterschiedliche Gegenstandsfelder im Blick haben – hier technische Systeme, dort die menschliche Psyche. Wie das eben doch zusammenpasst, und welche spannenden Forschungsfelder sich hier auftun, erläutert Frau Prof. Dr. Bettina Williger in unserem Interview. Seit kurzem unterstützt sie Studiengangsleiterin Prof. Dr. Nicole Trübswetter an der Hochschule Landshut.
Frau Professorin Williger, Sie sind Psychologin und unterrichten im Studiengang „Ingenieurspsychologie“ – wie kommen hier beide Wissenschaften zusammen?
Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten von Menschen im Allgemeinen. Die Ingenieurpsychologie untersucht dieses Erleben und Verhalten in einem spezifischen Punkt, nämlich an der Schnittstelle zur Technik. Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Fachbereichen der Psychologie – zum Beispiel Kognitive Psychologie, Biologische Psychologie, Sozial-, Arbeits- und Organisationspsychologie – können dabei helfen, das Zusammenspiel aus Mensch und Technik zu erklären und im besten Fall zu optimieren. Studiengangsleiterin Nicole Trübswetter und ich bringen hier unterschiedliche psychologische Perspektiven in den Studiengang ein, um den Studierenden ein möglichst umfassendes Bild von den psychologischen Einflussgrößen in der Mensch-Technik-Interaktion zu vermitteln.
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?
In meiner Forschung beschäftige ich mich mit den Bedingungen für die Akzeptanz und Nutzung technischer Lösungen sowie damit verbundenen langfristigen Konsequenzen für den Menschen. Diese Fragestellungen lassen sich auf die unterschiedlichsten technischen Lösungen und Anwendungsbereiche beziehen. Von besonderem Interesse für mich waren bislang Medizin- und Pflegetechnik, Technik für das Altern sowie die Digitalisierung im ländlichen Raum.
Können Sie etwas zu einem interessanten Forschungsprojekt berichten? Welche Fragestellung hatten Sie, welche Ergebnisse waren interessant oder überraschend?
Seit ca. zehn Jahren untersuche ich in Kooperation mit Hörgeräteherstellern, unter welchen Bedingungen Hörgeräte genutzt werden und zu einem erfolgreichen Altern beitragen. Obwohl Altersschwerhörigkeit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Alter gehört und Hörgeräte Erleichterung bringen können, sind nur ca. ein Drittel aller Betroffenen auch mit Hörhilfen versorgt. Von diesen nutzen ca. 10 Prozent die Hörhilfen nicht oder sehr geringfügig. In meiner Forschung untersuche ich, was Hörgerätenutzer von Nicht-Nutzern unterscheidet unter welchen Bedingungen Hörgeräte Betroffenen in ihrem Alltag helfen.
Aktuell führe ich gemeinsam mit Kolleg*innen des Fraunhofer IIS und WSAudiology eine Studie durch, bei der wir Menschen mit Hörschwierigkeiten über einen längeren Zeitraum begleiten. Wir wollen herausfinden, wie sie im Alltag mit Hörschwierigkeiten umgehen und ob bzw. wann sie dabei auf Hörgeräte zurückgreifen. Eine Teilnahme an der Studie ist möglich unter: www.scs.fraunhofer.de/hoererleben
Was hat Sie daran gereizt, an die Hochschule Landshut zu kommen?
In meiner Arbeit lebe ich schon lange Interdisziplinarität mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Die interdisziplinäre Ausrichtung der Hochschule und der Fakultät wie auch der Aufbau eines interdisziplinären Studiengangs Ingenieurpsychologie passen demnach sehr gut zu meinen Kompetenzen und Interessen und ich freue mich sehr auf die Arbeit mit den Studierenden und Kolleg*innen.
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